Abschiebung tut not

Ruanda, wir kommen! – Ein neues Etappenziel auch für deutsche 'Gäste'?

Meinung
Symbolbild: Freepik

Ist es ein gelungener Coup mit abschreckender Wirkung - oder lediglich ein teures Unterfangen ohne spürbaren Effekt? Zweifelsohne hat der britische Premierminister mit dem Beschluss des Parlaments zur Einstufung von Ruanda als sicheres Drittland einen nicht unklugen Versuch gestartet, mit einer klaren Botschaft an diejenigen heranzutreten, die weiterhin auf illegalem Weg versuchen, die Insel zu erreichen.

Gastkommentar von Dennis Riehle

Ruanda-Deal als britischer Trumpf?

Dass es nun NGOs sind, die Zeter und Mordio schreien, verwundert auch deshalb nicht, weil sie sich weiterhin auf ein Urteil des obersten Gerichts berufen, wonach der ostafrikanische Staat ausdrücklich nicht als integre Destination eingestuft werden kann, weil die dorthin abgeschobenen Flüchtlinge nach dessen Auffassung nicht mit einem fairen Prozess rechnen könnten, der das Schutzbedürfnis entsprechend europäischer Maßstäbe gerecht, ergebnisoffen und verbindlich abklopft. Doch es war ein geschickter Schachzug von Sunak, gerade dieser juristischen Festhaltung den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Denn es braucht in einem demokratischen Rechtsstaat durchaus erhebliche Bedenken der Richter, um einen legislativ herbeigeführten Entscheid für nichtig erklären zu können. So haben die Volksvertreter insbesondere dank des nachgebesserten Abkommens mit Kigali die Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der künftig dort abgewickelten Prüfungen über ein Anrecht von Einreisenden auf einen Status im Vereinigten Königreich zumindest dahingehend entkräftet, dass man die Sicherheit der Remigrierten gewährleisten und sie nicht Tyrannei und Drangsal aussetzen wird.

Pilotprojekt könnte Vorbildwirkung haben

Inwieweit diese Zusage tatsächlich belastbar ist, das wird sich wahrscheinlich erst dann zeigen, wenn die ersten Zuwanderer per Rückflug in der dicht bewaldeten Region zwischen Goldmeerkatzen und Nyungwe-Park eingetroffen sind. Denn es müsste Gegnern dieses Vorhabens zunächst einmal gelingen, entsprechende Belege und Nachweise vorzubringen, dass der dortige Regierungschef Ngirente tatsächlich nicht den einfachen Menschenrechten entsprechend mit den Ausgeflogenen umgeht.

Zweifelsohne kann man sich die Frage stellen, ob monetärer Input und sachlicher Output bei diesem Projekt in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen. Immerhin lässt man sich diesen Push-Faktor eine Menge kosten. Und ob es diejenigen tatsächlich von der Überfahrt über den atlantischen Meeresarm abhält, die sich obsessiv ein besseres Leben in den Kopf gesetzt haben, wird sich auch erst im weiteren Verlauf einschätzen lassen.

Letztlich könnte es vor allem auf Kontinentaleuropa zurückfallen, was man sich dort in London vorgenommen hat. Denn gerade nach dem Brexit scheint man sich auch nicht mehr an den moralischen Wertekonsens gebunden, welcher die Mitglieder der Union vor solch einem konsequenten Schritt noch immer abhält. Dabei sind es auch in der EU die höchstrichterlichen Überzeugungen, dass das Problem nicht in der prinzipiellen Zulässigkeit einer Auslagerung von Asylverfahren zu suchen ist.

Vorschlag auch für Deutschland denkbar

Schlussendlich besteht auch nach deutscher Gemengelage nicht zwingend die Erfordernis zur Anwesenheit des Betroffenen auf hiesigem Territorium, um sein Ersuchen nach Obdach aussprechen und den Bescheid abwarten zu können. Wenngleich dies momentan noch regelhaft vorgesehen ist, so ließe sich die entsprechende Normierung durch eine einfachgesetzliche Änderung anpassen. Immerhin scheint es nach Meinung der europäischen Gerichte Migranten durchaus zumutbar, in den Auslandsvertretungen der jeweiligen Nationalstaaten in ihren Heimatregionen um entsprechende Hilfe anzusuchen.

Wäre es anders, hätten sich die Innenminister auch nicht auf die Reform verständigen können, die es fortan vorsieht, dass bereits an den Außengrenzen eine erste Erwägung über die Bleibeperspektive vorgenommen wird. Und es ist auch nicht die Dublin-III-Verordnung, die zwingend eine Präsenz des Flüchtlings in demjenigen Land für notwendig erachtet, an den er sein Begehren um Unterschlupf richtet. Eine Auslagerung wäre bei politischem Willen auch für die Bundesrepublik ein denkbarer Weg, wenn entsprechend gewährleistet werden kann, dass in den Herkunftsstaaten für einen reibungslosen Ablauf der Inaugenscheinnahme des Gesuchs gesorgt ist.

Migrationswende als einzige Chance

Durch den Vorstoß der Engländer stehen nämlich auch wir nun unter einem erheblichen Zugzwang. Denn tatsächlich wird man davon ausgehen können, dass sich ein Großteil derjenigen Asylbewerber, die eigentlich im Vereinigten Königreich ihr Ziel sahen, nun für einen Verbleib diesseits des Ärmelkanals ausspricht.

Daher wird es auch nur mit einer konsequenten Trendumkehr bei uns gelingen können, den Strom an Einwanderern endlich nachhaltig zu bremsen. Neben einer stringenten Rückführung braucht es das Hinarbeiten auf eine Festung Europa, in die nur noch derjenige vorgelassen wird, der plausibel und konsistent eine Bedrohung der eigenen Existenz aufgrund politischer, ethnischer, religiöser oder anderer der in den internationalen Konventionen festgehaltenen Motive nachweisen kann.

Falsch verstandene Nächstenliebe

Wir dürfen uns nicht aus einer falsch verstandenen Nächstenliebe davon abhalten lassen, ähnlich rigoros zu agieren wie es nun die Angelsachsen tun. Eine rechtliche Ausrede gibt es nur bedingt. Denn es ist völlig ausreichend, wenn Anwärtern auf Asyl in ihrem Ursprungsland - oder zumindest im dortigen Umfeld - die Gelegenheit zur Artikulation eines Verlangens nach Aufnahme in Deutschland allein aus Gründen der Verfolgung gegeben wird. Denn, dass es nicht einmal ein Prozent der sich bei uns aufhaltenden Immigrierten schafft, tatsächlich diesen Umstand einwandfrei zu belegen, tritt nicht nur unsere Verfassung mit Füßen.

Sondern wir befinden uns in einer faktischen Regellosigkeit und einem inhärenten Kontrollverlust, auf den man nicht mehr mit dem Drehen an einzelnen Stellschrauben reagieren kann. Sondern es braucht einen großen Wurf, mit dem ein zwingender Mentalitätswechsel verbunden ist. Wir werden unserem ethischen Kompass auch - und gerade - dann gerecht, wenn wir nicht länger Unfairness und Inhumanität nur deshalb walten lassen, weil wir als mutwillige, selbstverachtende und harmoniesüchtige Samariter unsere weiten Herzen und offenen Grenzen über Recht und Gesetz stellen.


Zur Person:

Dennis Riehle ist Journalist, Autor und Berater. Seine Schwerpunkte sind: Selbsthilfe, Soziales, Psychologie, Gesundheit, Philosophie, Theologie, Politik, Menschenrechte, Nachhaltigkeit.

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