Familien als Leidtragende

ÖVP hält an Lohnsklaverei fest: Auch WKO-Chef will längere Arbeitszeiten

Politik
Arbeiter: Freepik; Mahrer: Karl Gruber, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 (freigestellt); Komposition: Der Status.

Zuerst die Industriellen-Vereinigung, dann ÖVP-Ministerin Edtstadler und jetzt WKO-Chef Harald Mahrer: Die Kanzlerpartei und ihr Dunstkreis liefern aktuell ein groteskes Spiel zum Thema Arbeit und Lohn. Zuerst prescht man für mehr Arbeit zum gleichen kargen Lohn vor, dann rudert man angesichts der Unbeliebtheit der Forderung wieder zurück, um die Vorstellung, dass die Hackler eben noch mehr in die Hände spucken müssen, doch wieder fest in den Köpfen zu verankern. Scharfe Kritik an dieser schwarzen Arbeitsmarktpolitik der Eiseskälte kommt von FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch.

ÖVP will mehr Arbeit um gleichen Lohn

Wenige Monate vor der Wahl ist es so etwas wie ein rot-schwarzer Stellvertreterkrieg um die Arbeitszeiten im Land. Obwohl einflussreiche Vertreter beider Systemparteien längst an einer möglichen Neuauflage der jahrelangen Stillstand-Koalition - wahlweise mit grünem oder pinkem Beiwagerl - basteln, richtet man sich medial aus. SPÖ-Chef Andreas Babler hat den Kampf um gerechte Löhne praktisch aufgegeben, um durch "mehr Freizeit" für unterbezahlte Bürger den Anspruch einer Arbeiterpartei zu heucheln. Und die ÖVP-Spitzenriege, die sich gerne als Wirtschaftspartei inszeniert, fordert von den Österreichern, einfach fürs gleiche Geld noch mehr zu schuften.

Es begann mit dem Vorstoß der Industriellenvereinigung, man möge die Arbeitszeit doch auf 41 Stunden pro Woche erhöhen und dabei etliche Feiertage streichen. Eiskalt-Ministerin Karoline Edtstadler, die einst aus dem Nobel-Café mit Spar-Tipps für das notleidende Volk aufwartete, war sofort Feuer und Flamme. Sie befand, das wir mehr arbeiten sollen, um den Wohlstand zu erhalten. Dabei ärgerte sie sich über die Höhe der Lohnrunden, die freilich eine Folge der durch die "alternativlosen" Selbstmord-Sanktionen ihrer Regierung angekurbelten Mega-Inflation sind - Der Status berichtete. Später ruderte sie zurück - doch Aufgeben tut man bekanntlich einen Brief.

Bürger sollen doppelt & dreifach blechen

Nachdem Arbeits- & Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP), der auf den wohldotierten Versorgungsposten als Nationalbank-Gouverneur spechtelt, die hohe Arbeitslosigkeit schulterzuckend abtat, als wären sie ein Naturgewächs, folgt nun der Auftritt von ÖVP-Multifunktionär und WKO-Chef Harald Mahrer. Auch er will die Menschen für Mehrarbeit ködern - durch ein "Anreiz"-System wie Steuerfreiheit von Überstunden und für Leute, die noch in der Pension malochen müssen, um durchzukommen. In Wahrheit sparen sich dabei Konzerne für noch mehr Ausbeutung ihrer Mitarbeiter einen deutlich größeren Batzen Geld als die wenigen Krümel, die für den Arbeitnehmer abfallen. 

Er kann sich noch einen Kuhhandel vorstellen: Nicht mehr "die Wirtschaft", sondern "der Bund" soll künftig den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) zahlen, aus dem etwa die Familienbeihilfe finanziert wird. Ein dreister ÖVP-Trick: In Wahrheit finanzierten die Arbeitnehmer bislang diesen Topf mittels kollektiven Lohnverzichts. Nun schwebt der ÖVP - die den Fonds bereits vor 10 Jahren unter Spindelegger aushungern wollte - vor, auch Großkonzerne von ihrem Beitrag zu befreien, ohne die Löhne der Arbeiter entsprechend anzuheben. Diese sollen die Aktion vielmehr mit ihrem Steuergeld ein weiteres Mal bezahlen, um ein kleines bisschen Sozialstaat vorgegaukelt zu kriegen.

Familien kommen zum Handkuss

Durchschaut haben die dreiste Nummer die in allen Umfragen deutlich führenden Freiheitlichen. So übte FPÖ-Vizeklubchefin Dagmar Belakowitsch, auch Sozialsprecherin ihrer Partei, heftige Kritik am Mahrer-Vorstoß: "Die ÖVP mit ihren Erfüllungsgehilfen [...] macht Politik gegen die arbeitende Bevölkerung. So ist nun auch WKO-Präsident Mahrer bei Mehrarbeit voll auf ÖVP-Linie – hier will er auf steuerliche Belohnung setzen, um einen Anreiz dafür zu schaffen, was wiederum zu einer Benachteiligung von Müttern führen würde, die ihre Kinder gerne selbst heranwachsen sehen würden, anstatt sie in eine staatlich betreute Kindererziehungsanstalt á la DDR zu schicken."

Ob der "Ratlosigkeit und Dreistigkeit" der schwarz-grünen Bundesregierung könne sie ohnehin nur den Kopf schütteln: "Da macht sich ein grüner Sozialminister wegen zunehmender Arbeitslosigkeit im Land Sorgen, obwohl genau er mit seinen Elendsverbreitern an dem ganzen Dilemma Schuld trägt, ohne nur ansatzweise irgendeine Verantwortung dafür zu übernehmen. Nicht anders verhält es sich freilich bei der gänzlichen medizinischen Versorgung." [Rauch ist auch Gesundheitsminister, Anm.] Rauch hatte sogar noch die Chuzpe, nicht die katastrophale Politik seiner Regierung, sondern die einstige schwarz-blaue Sozialhilfe-Reform als Sündenbock auszumachen...

Auch Einwanderung ins Sozialsystem als Problem

Ein entlarvendes Muster: "Zuerst werden Arbeitsplätze vernichtet, den älteren Arbeitnehmern, den eigentlichen Fachkräften im Land, werden die Jobs genommen, weil sie der Industriellen-Clique der ÖVP zu teuer werden, und dann gibt es nur mehr Geraunze und der Ruf nach einem Mehr an Arbeit zu selbem Lohn wird laut. Das und die Überförderungen mit Corona-Hilfsgeldern sind reine Klientelpolitik“, so Belakowitsch. Zuletzt wurde öffentlich, dass auch kaum von Lockdowns betroffene Firmen trotz Gewinns mit beiden Händen in den COFAG-Topf griffen. Eine geförderte Firma, an der ein ÖVP-Mandatar & Ex-COFAG-Beirat beteiligt ist, machte so sogar erstmals Gewinn.

Eine "ungezügelte Überschwemmung des Sozialsystem mit Asylforderern", welche das Lohnniveau im Billiglohnsektor senke, verschärft laut Belakowitsch die missliche Lage für breite Teile der Bevölkerung: "Auch das geht freilich nach hinten los, denn mindestens die Hälfte der Einwanderer, sind nicht einmal in der Lage in der eigenen Sprache zu lesen oder zu schreiben – sie bleiben in der sozialen Hängematte bequem liegen – deshalb sind sie ja auch schlussendlich gekommen“, betonte die FPÖ-Sozialsprecherin. Damit nahm sie auch Bezug auf die Mahrer-Aussage, dass sich der Arbeitskräftemangel "nicht alleine" durch Zuwanderung & Vollzeitzwang für Mütter lösen lasse.

Lückenpresse "liefert" wieder mal...

Der Systempresse war die scharfe und fundierte Kritik der FPÖ-Sozialsprecherin übrigens kaum eine Zeile wert. So zitierten etwa "Kurier" und "oe24" - beide weder für ÖVP-Ferne noch für eine Armut an Regierungsinseraten bekannt - ihre Stellungnahme gar nicht, während sie dem Mahrer-Narrativ einen breiten Raum einräumten. Ein aus einer APA-Meldung adaptierter Artikel auf "Vienna.at" zitiert Belakowitsch in einer derart sinnentstellenden Kürze, dass es sich für den unbedarften Leser beinahe wie Lob für den WKO-Chef anhört. Auch der ORF brachte einen ziemlich unkritischen Videobeitrag zu den Mahrer-Aussagen - ohne kritische Einordnung, ohne oppositionelle Stimmen.

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